Alle Höhen und Tiefen

Auszug aus der SZBZ vom 19.12.2007 - Von dem SZBZ-Mitarbeiter Christoph Martin Hauff

Das Problem ist vermutlich unlösbar: Mehrmals im Jahr, rund um christliche Festtage, häufen sich musikalische Höhepunkte und nehmen einander die Zuhörerschaft. So geschehen auch am dritten Adventssonntag: Die Böblinger Kantorei in St. Maria, sowie ein ähnliches Großaufgebot in der Sindelfinger Johanneskirche.

Helfen könnte nur eins: Frühzeitigste Absprachen der Veranstalter, mit der Option, sich notfalls auf einen Mehrjahresrhythmus zu einigen. Aber das verlangt hohe Disziplin von allen Beteiligten. Wie immer: Trotz populärster Werke, Händels Messias plus Bachs Magnifikat, hätten noch einige Menschen Platz gefunden in der Kirche St. Maria. Die wurde nicht etwa dem Lobgesang der Maria wegen ausgewählt, sondern aus Platzgründen. Ein Chor um die 45 Sängerinnen und Sänger, vier Solisten, ein Instrumentalensemble brauchen halt ihren Raum.

Wenn Händels Messias anhebt, mit seiner Ouvertüre nach dem barocken Muster langsame Einleitung, fugierter Hauptteil im zügigen Tempo, so bereitet dies ein mehrfaches Hinführen auf die Heils-Erwartung vor. Was danach folgt, ist eine Kette musikalischer Perlen auf Texte des Alten Testaments, verteilt auf die Solostimmen, aufgegriffen und bestätigt vom Chor.

Die Streicherfraktion des Concentus Böblingen, angeführt von ihrem Konzertmeister Klaus Marquardt, wird den hohen Anforderungen der Partitur gerecht, abgesehen von einigen plötzlichen Tempo- oder Ausdruckswechseln, die wohl aus Zeitmangel nicht ganz überzeugend vorbereitet werden konnten. Ruhende Pole sind einmal mehr die Oboeninstrumente, ebenso klangschön wie präzis geblasen.

Das Solistenensemble mit Susanne Moldenhauer (Sopran), Xenia Maria Mann (Alt) und Michael Gann (Tenor) singt insgesamt auf hohem Niveau. Hervorgehoben seien Leonore Majer mit ihrem klaren, leuchtenden Sopran und Dominik Köninger mit seinem ausdrucksstarken, stilsicheren Bass. Eckhart Böhm hat seine Kantorei gut vorbereitet, und so können sich die Sänger von Auftritt zu Auftritt steigern. Lediglich der nur sechs Herren umfassende Tenor tut sich gelegentlich schwer, durchzukommen.

Der Tradition aus Händels Zeit folgend wird dessen Orgelkonzert op. IV Nr. 6 in B- Dur eingefügt. Hans Wagner spielt als Solist an einer gut klingenden, jedoch winzigen Kastenorgel, deren Tastatur für Händels Notentext nach Wagners eigenem Bekunden zu wenig umfangreich ist. Wagner schreibt also den Solopart um, sodass die unbefangene Zuhörerschaft von diesem Mangel nichts zu hören bekommt. Das Hörbild, mit dem Streicherensemble des Concentus Böblingen und zwei Flötenstimmen als Partner ist frisch, zügig, virtuos.

Bachs Geniestreich

Die zweite Fassung von Bachs Magnifikat beruht auf einem Geniestreich. Das Werk wirkt in der überarbeiteten Fassung aus den 1730er Jahren noch mehr wie aus einem Guss. Die Sätze entwickeln sich knapp und konzentriert. Böhm und seinen Ausführenden gelingt eine überzeugende, Wiedergabe, die alle Höhen und Tiefen der Komposition überzeugend auslotet.

Böhm sei darüber hinaus ermuntert, zwei Vorhaben weiter zu verfolgen: Das Kinderkonzert, das vorab um 16 Uhr Ausschnitte aus dem Programm kindgerecht darbringt. Dazu gibt es ein informatives, Programmheft mit Anregungen für die Weihnachtszeit weit über den Anlass hinaus.