Susann Hagel bringt Stadtkirche zum Klingen

„. . . zu allen Zeiten“: Brillantes Konzert der Böblinger Kantorei am Sonntagabend in der gut besuchten Stadtkirche
Die Böblinger Kantorei präsentierte am Sonntagabend in der Stadtkirche ein abwechslungsreiches und straffes Programm. Im Spannungsfeld von Chor und Sologesang, von Klavier und Orgelmusik stach im Besonderen die Sopranistin Susann Hagel hervor.


Mit freundlicher Unterstützung der Kreiszeitung / Böblinger Bote – Bericht von Jutta Rebmann / KRZ-Foto: Thomas Bischof

BÖBLINGEN. Eine gut besuchte Stadtkirche, ein erwartungsvolles Publikum und ein sichtlich zufriedener Eckhart Böhm, der in seiner Begrüßung noch einmal Programm und Idee des Konzertes kurz umriss: Geistliche Chormusik „. . . zu allen Zeiten“ werde zu hören sein – vom „Gloria“ des Elsässers Adolphe Adam bis hin zu „Mirjams Siegesgesang“ von Franz Schubert. Werke, die nicht oft zu hören seien.

Mit dem „Gloria“ für Chor, Klavier und Orgel von Adolphe Adam hatte Eckhart Böhm einen passenden Einstieg in den Abend gewählt, bei dem sich Senta Eisenbacher am Klavier und Elisabeth Pfitzer an der Winterhalter-Orgel der Stadtkirche als einfühlsame und aufmerksame Partnerinnen der Kantorei erwiesen.

Friedrich Kiel wird der „Wittgensteiner Brahms“ genannt. Hineingeboren in die Romantik, weist sein Werk eigenständige Elemente auf, als Pianist gilt seine besondere Liebe der Klaviermusik, mehr als die Hälfte seines Werkes ist dem Piano gewidmet. Mit dem „Scherzo“ aus Kiels zehn Pianoforte-Stücken op. 18 hatte die Holzgerlinger Pianistin eine überaus dankbare Aufgabe. Direkt danach erklang mit „Wie lieblich sind deine Wohnungen“ ein Chorwerk Friedrich Kiels.

Wie sein Zeitgenosse Adolphe Adam war auch Cesar Franck ein Schüler Anton Reichas. Als Organist an verschiedenen Pariser Kirchen gilt Francks Hauptinteresse „seinem“ Instrument. Aus seinem Werk „L’Organiste“ spielte Elisabeth Pfitzer das Poco lento auf der Orgel. „Ubi caritas et amor“ ist das Werk des litauischen Komponisten Vyautas Miskinis überschrieben – „wo Achtung und Liebe sind, da ist Gott“, sang die Böblinger Kantorei. Mikinis, 1954 geboren, ist einer der Leiter des Litauischen Liederfestes und einer der bekanntesten Chorleiter des Landes.

Strahlend, ausdrucksstark, die Stadtkirche mit dem Klang ihrer Stimme füllend – so gestaltete Susann Hagel ihren Part in Felix Mendelssohn-Bartholdys Hymne „Hör mein Bitten“ für Sopran-Solo, Chor und Orgel. Die Böblinger Kanterei erwies sich dabei als ein durchaus gleichberechtigter Partner. Die in Dessau geborene Susann Hagel studierte Gesang im Fach Lied und Konzert in Würzburg, im Anschluss daran absolvierte sie ein Aufbaustudium im Fach Oper an der Hochschule für Musik und Theater in Hamburg. Vielfach bei Wettbewerben ausgezeichnet, brillierte sie im Februar 2011 bei der Premiere von „Hamburg live meets classic“.

Susann Hagels besondere Liebe gilt dem Kunstlied, hier hat sie sich ein umfangreiches und anspruchsvolles Repertoire erarbeitet. Mit Giuseppe Verdis Liedern „In solitaria stanza“ und „Deh, pietoso, oh Addolorata“ überzeugte sie nicht nur mit der Strahlkraft ihrer Stimme, sondern auch mit seelischer Tiefe. Nach Richard Strauss’ Madrigal „Ins Joch beug ich den Nacken“ nach einem Gedicht von Michelangelo brachte Elisabeth Pfitzer noch einmal die Winterhalter- Orgel der Stadtkirche beim Offertoire Es-Dur aus den „Zehn Stücken für Orgel“ von Theodore Salomon zum Klingen.

Musik verbindet sich eindrücklich mit der Sprachkraft Grillparzers

Mit der Kantate „Mirjams Siegesgesang“ op. 136 für Sopran-Solo, Chor und Klavier von Franz Schubert ging das Konzert in der Stadtkirche zu Ende. Das Werk, im Todesjahr Schuberts nach einem Text Franz Grillparzers entstanden, hat den Auszug des Volkes Israel aus Ägypten zum Thema. Im Wien der Restauration, der Zensuren Metternichs galt es den Freiheitswillen, zu einem Aufbruch zu verstecken. So ist „Mirjams Siegesgesang“ durchaus aus der Zeit heraus zu verstehen. In der Komposition verbinden sich Kraft und Ursprünglichkeit eindrücklich mit der Sprachkraft Grillparzers. Das Zurücktreten der Wasser des Schilfmeeres, der Durchzug der Israeliten.

Das Entsetzen beim Herannahen der Feinde, der Triumph, als die zurückflutenden Wasser die Ägypter unter sich begraben. „Groß der Herr zu allen Zeiten – heute groß vor aller Zeit“ Susann Hagel und die Böblinger Kantorei triumphierten am Schluss der Kantate in wahrlich barocker Klangfülle.